15. Blues- und Rockfestival Altzella: zum Geburtstag eine Reise zu den Sternen.

Himmelfahrt 2017 fand das mittlerweile 15. Internationale Blues- und Rockfestival im Kloster Altzella statt. Neben einer zünftigen Geburtstagsfeier gab es prima Wetter, eine Ausstellung, eine Auszeichnung vom Landrat, etwa 3.000 Gäste und – grandiose Musiker.  

Ein Schweißtropfen fiel, und das Unglaubliche geschah: mehrere hundert Zuhörer in der Scheune von Altzella konnten das hören. Es war still.

Ein Mann in schwarzem Hemd und schwarzen Hosen stand am Bühnenrand und spielte Mundharmonika, leise, sanft. Die Menschen im Publikum blieben ganz still und lauschten. Der Mann am Bühnenrand zog sie in seinen Bann, er beherrschte sie. Jede einzelne Note hauchte er in die Scheune, über die Köpfe der Menschen hinweg. Er hob langsam ab und stieg empor auf einer Treppe aus hauchzarten Tönen. Seine Band hielt ihn geschickt am Himmel und skizzierte ganz sanft die Musik. Und gerade, als niemand mehr die Spannung aushalten mochte, explodierte die Band und stampfte in krachendem Boogie davon, verfolgt vom begeisterten Publikum.    

Matyas Prijboszki, ein Bluesmusiker aus Ungarn mit glasklarem Harmonikaspiel verführte das Publikum beim 15. Internationalen Blues- und Rockfestival regelrecht. Er gehörte zu den Überraschungen und großen Unbekannten auf diesem unglaublichen Festival. Die Band – vier gestandene Herren in schwarzem Outfit - wirkte zunächst eher wie eine Gruppe Versicherungsvertreter. Doch von der ersten Note an umgarnten sie mit Charme und Eleganz ihr Publikum. Das Konzert war ein absoluter Traum und ein gelungenes Geburtstagsgeschenk.

Ein Geburtstag mit dreitausend Gästen

Richtig, Geburtstagsgeschenk! Denn 2017 feierte Deutschlands gemütlichstes Bluesfestival seinen 15. Geburtstag. Bei schönstem Wetter und mit fast 3.000 geladenen und gut gelaunten Gästen. Eine kleine Ausstellung auf dem Festivalgelände machte die Zeitreise durch die letzten 15 Jahre möglich.

Für die Organisatoren und Helfer des Mittelsächsischen Jugend- und Kulturvereins e.V. (MJV) ist diese Ausstellung wichtig. „Wir haben selbst gestaunt, was wir alles an Bildern und Plakaten fanden. Wir haben unsere Truhen und Koffer durchwühlt und Bilder, Poster und Zeitungsartikel aus den vergangenen Festivaljahren rausgesucht. Da sind wir alle schon ein wenig sentimental geworden, als wir die vergangenen Jahre und die viele Arbeit so geballt vor uns liegen sahen. Unglaublich, was der Verein bisher geleistet hat.“ sagt Erik Weichhold, Cheforganisator des Festivals und mit Roland Taffel irgendwie Epizentrum des Vereins.

Die Organisation des Festivals beginnt meistens im Herbst des Vorjahres, ein harter Kern von etwa fünf bis acht Leuten ist dann damit beschäftigt, die Musiker, die auftreten werden, auszuknobeln, zu buchen und Verträge zu schreiben, und, und, und… Beim Festival selbst arbeiten dann in den einzelnen Arbeitsbereichen mehr als 70 Helfer. Alles ehrenamtliches, freiwilliges Engagement. Seit einigen Jahren hat dieses Projekt Erik Weichhold fest in der Hand.

Auszeichnung von Landrat Arndt Steinbach

Die Arbeit des Vereins geht über die Organisation des Festivals weit hinaus. Die Mitglieder engagieren sich in der Jugendarbeit, unternehmen Reisen zum niederländischen Kooperationspartner, veranstalten Musik-Workshops und promoten junge Nachwuchs-Bands aus der Region.

Diese Leistung ist auch anderen aufgefallen. Beim Festival übergibt der Bürgermeister von Nossen , Uwe Anke, im Namen des Landrates eine Medaille an Roland Taffel vom MJV und an den Niederländer Kees Shipper. Beide haben den Verein und die Kooperation über Grenzen hinweg vor 25 begonnen und vorangetrieben. Shipper, seit Beginn auch beim Festival dabei, ist sichtlich gerührt. „Ich liebe Nossen und Altzella. Die Gegend hier ist eine zweite Heimat für mich geworden.“ sagt er, kurz bevor er mit seiner Band über die Bühne rockt. Die Party kommt am frühen Abend so richtig in Schwung.

Reise zu den Sternen

Zum Geburtstag machten sich die Organisatoren beim MJV selbst eines der schönsten Geschenke. Schon seit einigen Jahren träumten sie davon, Henrik Freischlader, Deutschlands spannendsten Bluesmusiker der nächsten Generation auf der Bühne in Altzella begrüßen zu dürfen. 2017 war es soweit und der Ausnahmegitarrist ließ sich nicht lumpen. Mit neuem Programm und neuer Platte „Blues for Gary“ – eine Hommage an Gary Moore -  reiste er nach Altzella. Die ehemalige Band von Gary Moore hatte er ebenfalls dabei. Und dann wurde Traum Wirklichkeit. Ein Konzert von Henrik Freischlader ist immer wie eine Reise zu den Sternen, er erklimmt mit seiner Gitarre ungeahnte Höhen und tieftraurige Täler, hält das Publikum immer fest an der Hand. Doch was die Band an diesem Abend auf die Bühne zauberte, verdiente den Namen Himmelfahrt. Spielfreude, Ausgelassenheit, Gefühl – der Auftritt von Henrik Freischlader und Band war nicht nur eine Hommage an Gary Moore sondern auch an die Musik an sich.

Musiker, so gut wie nie zuvor

Wie soll man an so ein traumhaftes Konzert anschließen? Marius Tilly gelang dies mit knackigem Rock und intelligenten Melodien. Der schlaksige Bandleader fegte mit seiner Gitarre über die Bühne und Schweißtropfen fielen nun wie Dauerregen.  Beim gesamten Festival 2017 fällt auf: die gebotene Musik ist durchgehend extrem gut, alle Künstler musizieren sehr professionell und geben für ihr Publikum alles. Florian Lohoff & Band, die Shophonks aus dem Erzgebirge, Early Fox mit Sascha Rother, Black Patti, Bernd Kleinow mit dem Capital Blues Duo, Kees Shipper in mehreren Besetzungen, Ben Forrester und Julia Fischer und nicht zuletzt der unvergleichliche Sascha Plohner mit Alex und Maximilian Blume – alle spielten auf, um die Geburtstagsfeier für das gemütlichste Bluesfestival Deutschlands unvergesslich zu machen. Das gelang so gut wie - fast - nie zuvor.

Im Dämmerlicht zum Sonnenuntergang loderte dann ein knackendes Lagerfeuer, nebenher spielte Kees Shipper in unplugged-Besetzung. Glänzende Augen und wippende Füße – nächstes Jahr geht es zu Himmelfahrt wieder ins Kloster Altzella. Denn mit sechzehn Jahren darf man in den USA schon Auto fahren - der MJV gibt dann richtig Gas!

UK

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